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Epochen | Realismus

 

Realismus ist nur eine der literarischen Epochen. Speziell Theodor Fontane nimmt in dieser eine leitende Rolle ein. Hier findet ihr mehr darüber.

Zeit & Hintergründe


Der Realismus ist eine Epoche der Literaturgeschichte und dem 19. Jahrhundert zuzuordnen.
Da Epochen ja immer ineinander übergehen, kann man diese nie genau festlegen, als Zeitspanne wird aber 1848 bis 1890 genannt. Speziell der Zeitraum der deutschen Literaturgeschichte von 1850 bis 1890 ist oft mit "bürgerlicher oder poetischer Realismus" benannt.
Autoren beobachten die greifbare Welt im Realismus objektiv und treten dabei selber nicht in Erscheinung, auch nicht als Erzähler. Es macht den Realismus aus, dass es keine bloße Beschreibung der Wirklichkeit ist, sondern dass diese künstlerisch wiedergegeben wird.
Der wichtigste Theoretiker des deutschen Realismus war Julian Schmidt, der im Verlauf dieser Seite vermehrt zitiert wird.
Oftmals wird der Realismus mit dem Naturalismus gleichgesetzt, da beiden zugrunde liegt, die erkennbare und greifbare Welt abzubilden. Richtig ist aber, dass sich gravierende Unterschiede darbieten. Denn entgegen dem Realismus, zielt der Naturalismus darauf ab, das Negative mit in die Abbildung mit einzubeziehen.
Der Realismus ist die Kunst und will das Wahre sowie schließt die Lüge, das Focierte, das Nebelhafte aus. Die Wiederspiegelung des wirklichen Lebens.
 

Autoren des Realismus


aus Deutschland:
» Theodor Fontane (1819-1898 | Roamn Effi Briest, 1895, Roman Irrungen, Wirrungen 1887)
» Gustav Freytag (1816-1895 | Roman Soll und Haben, 1855)
» Gottfried Keller
» Wilhelm Raabe
» Adalbert Stifter
 
aus England:
» Charles Dickens (1812-1870 | Roman Oliver Twist 1837)
 
aus Amerika:
» Herman Melville (1819-1891 | Roman Moby Dick 1851)
» Mark Twain (1835-1910, Tom Sawyer
 

Literaturtheorie des programmatischen Realismus


Stoff
Poesie soll sich zwar an erfahrbarer Wirklichkeit orientieren und die Dinge des Alltags darstellen. Doch soll der Künstler seine Gegenstände so auswählen, dass an ihnen die andere, die wahre Wirklichkeit ablesbar ist.
"Wohl ist das Mottodes Realismus der Goethesche Zuruf: 'Greif nur hinein ins volle Menschenleben, / Wo du es packst, da ist's interessant", aber freilich, die Hand, die diesen Griff tut, muss eine künstlerische sein. Das Leben ist doch immer nur der Marmorsteinbruch, der den Stoff zu unendlichen Bildwerken in sich trägt, sie schlummern darin, aber nur dem Auge des Geweihten sichtbar und nur durch seine Hand zu erwecken."
Auszug aus dem Aufsatz "Unsere lyrische und epische Poesie seit 1848" von Fontane
An dem auswählenden Zugriff liegt es, ob die Darstellung notwendig in einen rohen, 'naturalistischen' Realismus abgeleitet oder ob sie das Ideal hinter der Erscheinung aufleuchten lassen kann. Vornehmlich soll der Dichter, mein Julian Schmidt, die Wirklichkeit dort suchen, wo die Tüchtigkeit des Volkes zur Geltung kommt: bei der Arbeit. Hier seien die besonderen Stellen, an denen Gegenwartsleben noch poetisch geblieben ist.
 
Darstellung
Die Poesie muss etwas vorwegnehmen, solange die "wahre" Wirklichkeit nicht auch die empirische geworden ist, genauer:
solange Individuum und Gesellschaft nicht in Harmonie leben - zum Beispiel in einer geeigneten bürgerlichen Republik der Deutschen. Der Verstand nimmt nur das jeweilige Gegebene wahr, also muss sich der Dichter an das Gefühl wenden, wie Julian Schmidt das in einer Bemerkung zu Mörikes 'Maler Nolten' (1832) ausdrückte:
"Der Dichter hat sich nicht an den zersetzenden Verstand, sondern an das nachschaffende Gefühl zu wenden, welches Totalität erblickt, wo der Verstand nur einzelnen Stellen wahrnimmt." (Literaturgeschichte, Band 3, 1856, S. 138)
Diesem nachschaffenden Gefühl im Leser gibt der Dichter Nahrung, wenn er im Werk gestörte Verhältnisse harmonisch wiederherstellt; er befriedigt das ethische Empfinden, indem er im Werkschluss die Aussicht auf eine sittliche Bewältigung der dargestellten Konflikte bietet. So kann verklärendes Dichten die erhoffte gesellschaftliche Harmonie vorwegnehmen.
 
Kunstregeln
Drei Kategorien rangieren im programmatischen Realismus obenan und bestimmten seine Literaturkritik wie auch die Schreibpraxis der durchschnittlichen Autoren dieses Zeitraums:
» Wahrscheinlichkeit
» Integration der Elemente
» kompositorische Einheit
Die Verwendung dieser Kriterien in Rezensionen und Abhandlungen hat allemal einen politischen Akzent.
Das Dargestellte soll vom Leser/Zuschauer nachprüfbar sein; die Forderung nach Wahrscheinlichkeit beinhaltet den Griff ins Alltagsleben, die sittliche Normalität, eine durchschnittliche Vernünftigkeit der Konfliktentwicklung und den mittleren Stil, das heißt die Annäherung an die Alltagssprache und die Vermeidung der Extreme von Komik und Pathos.
 

Bürgerlicher Realismus


Gustav Freydag erfüllte das literaturpädagogische Programm des bürgerlichen Realismus vorbildlich.
Doch erwies sich an seinem Beispiel, dass dessen Intentionen und Erzählpostulate im Roman ein rückschrittliches Bild der Wirklichkeit entstehen lassen. Erzähler wie Adalbert Stifter, Gottfried Keller und Wilhelm Raabe mochten sich dieser Programmatik nicht unterwerfen.
 

Der Kulturwarenmarkt


In der zweiten Jahrhunderthälfte erweiterte sich der Literaturmarkt beträchtlich:
Gründe für die Erweiterung des Literaturmarketes waren die Verbesserung des Bildungsniveaus, die Entstehung des sog. Bildungsbürgers, und die drucktechnischen Erfindungen sowie Weiterentwicklungen:
» 1812 Entwicklung der Zylinderpresse (durch sie achtmal vergrößerte Druckkapazität)
technische Voraussetzung für die Kapitalisierung des Buchmarktes
» 1862 Erfindung der Komplettgießmaschine
» 1863 Rotationsdruckmaschine | industriemäßig produziert
» 1870 Dampfbetrieb für Gießmaschinen
» 1885 Setzmaschine | industriemäßig produziert
 
Sie schaffen die Voraussetzungen für die industriemäßige Herstellung lit. Erzeugnisse:
» Entwicklung des Familienblattes (z.B. Gartenlaube)
» Unterhaltungspublizistik mit belehrendem Anspruch, künstlerisch ausgeschmückt, mit vielerlei Themen und wiederkehrenden Rubriken in allgemeinverständlicher Darbietung
» Durchschnittsauflagen lagen um 1860 bei 19.000 Exemplaren
regionale Zeitungen lagen bei etwa 3.000 Exemplaren
die einflussreiche Literaturzeitschrift "Die Grenzboten" erreichte selten mehr als 1.000 Exemplare
1875 hat die "Gartenlaube" sogar eine wöchentlichen Auflage von 382.000 Stück
die christliche Konkurrenz "Daheim" immerhin noch 70.000 Exemplare
 
Bücherkäufe blieben bis in die Gründerzeit selten, die Preise waren zu hoch. Erst 1867 kamen preiswerte Klassikerangebote auf den Markt; Reclam begann seinen Siegeszug mit einer Ausgabe von "Faust 1" für zwei Silbergroschen.
 
Leihbibliotheken waren dann für die Erweiterung des Buchmarktes verantwortlich:
Jahr Anzahl der Leihbibliotheken

1865

617
1880 1056
» Leihbibliotheken kaufen Romane in zahlreichen Exemplaren und machten sie zu Bestsellern
» Verleih an Bürger aus der Schicht des Mittelstands (Freiberufler, Beamte, kleinere Unternehmer, bürgerliche Frauen)
» geschmacksbildende Wirkung
 
Der Autor

In diesem Prozeß konnte der Schriftsteller als einzeln schaffender Künstler seine Unabhängigkeit schwer behaupten. Wenn er nicht einen bürgerlichen Beruf hatte wie Theodor Fontane (Journalist), Gottfried Keller (Kantonschreiber), Thoedor Storm (Amtsgerichtsgraf), musste er sich den Marktgesetzen anpassen.
Ein Beispiel ist Wilhelm Raabe. Er konnte als einer der wenigen freien Autoren von seinen Werken leben, weil er sich unter einen rigorosen, der Fabrikarbeit vergleichbaren Tagesablauf stellte. Ständig unterbrach er sein Arbeiten an Romanen, um kleine, rasch Geld bringende Erzählungen für Familienzeitschriften zu prodizieren. Er achtete darauf, immer etwas Druckbares bereitzuhalten, und er lernte, die Verleger gegeneinander auszuspielen. Er war sich seiner Marktabhängigkeit wie seines Marktwerts bewusst. (...)
Die Marktgesetzte wirkten sich auch auf den Gehalt der Werke aus. Denn die redaktionelle Zensur versuchte, einer Behördenkontrolle zuvorzukommen, und der Verleger nahm unabgesprochene Eingriffe vor, die sich an einem erwarteten, moralisch engen Publikumsgeschmack orientierten, oder er lehnte ein Werk aus Marktgründen ab. Storms Novelle "Im Schloß" (1862) wurde von zwei Verlegern zurückgewiesen, weil ein unerlaubtes Liebesverhältnis zwischen einer Adligen und einem bürgerlichen Hauslehrer angedeutet wird; noch 1887 bombardierten adlige Leser der "Vossischen Zeitung" die Redaktion mit Protesten und Fragen, wann "die grässlichen Hurengeschichte", Fontanes "Irrungen Wirrungen" beendet werde.
Annäherung an die Epoche, S. 82-83

 


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